Evangelium 1. Teil
Evangelium 2. Teil
Die Leseordnung sieht vor: Wenn wir heute Fronleichnam nachholen, wird nur der ersten Teil dessen gelesen, was ich gerade als Evangelium vorgetragen habe, also die Speisung der 5000. Ich habe noch einen Teil drangehängt: Das Christusbekenntnis des Petrus, weil sich dieser Teil in der Bibel unmittelbar anschließt – im 9. Kapitel des Lukasevangeliums, weil beide also eine Einheit bilden. Und weil das, was jetzt der zweite Teil war, genau das Evangelium ist, das gelesen wird, wo heute nicht Fronleichnam gefeiert wird, sondern der 12. Sonntag im Jahreskreis, und Fronleichnam am vergangenen Donnerstag gefeiert wurde.
Beide Teile gehören zusammen. Jesus ist mit seinen Jüngern auf dem Weg nach Jerusalem, er kommt in Bethsaida an, und eine riesige Menge folgt ihm. Und was machen die Jünger? Sie fordern Jesus auf: „Schick die Menschen weg!“, damit sie woanders unterkommen und auch woanders etwas zu essen bekommen. Denn die Jünger müssten sonst erst losgehen und etwas kaufen. Jesus aber antwortet ganz lapidar: „Gebt ihr Ihnen zu essen!“
Wir müssen uns jetzt nicht darüber streiten, ob so etwas möglich ist: fünf Brote und zwei Fische für 5000 Männer, ob das nur symbolisch zu verstehen oder eben ein Wunder ist. Entscheidend ist ja nicht, wie viel jeder bekommen hat. Das hier ist keine Zeitungsmeldung, wo es allein um die Tatsachen geht. Das hier ist eine Glaubensaussage. Entscheidend ist hier: Alle aßen und alle wurden satt.
Und noch etwas ist entscheidend: Jesus lädt alle ein. Er schickt niemanden weg. Er schließt niemanden aus. Er lädt ein und alle werden satt. Und die Jünger haben nur den einen Auftrag: Gebt ihr ihnen zu essen!
In unserer Wohlstandsgesellschaft sind Grundnahrungsmittel wie Brot und Wasser im Allg. kein Problem. Für viele Menschen auf der Welt ist es das jedoch immer noch. Sie können wahrscheinlich besser verstehen als wir, was es für ein wahres Zeichen der Liebe und Fürsorge ist, wenn Gott eingreift, um sein Volk zu ernähren. Wir hörten es in der 1. Lesung. Für so viele ist Wasser und Brot eine Frage von Leben und Tod. Auch heute!
Aber auch wir hungern und dürsten, oft nicht nach physischer Sättigung, aber nach Sättigung unseres Lebens. Hunger nach Leben ist es, was so viele – gerade hier bei uns – beschwert.
Wir leben in einer Gesellschaft, wo so viele unter Abwesenheit leiden: Abwesenheit von Ge-meinschaft, Liebe, Fürsorge, Barmherzigkeit und Respekt. Wo wir unter Abwesenheit leiden, möchte Jesus bei uns sein. Anwesend sein; mit der Fürsorge und Liebe eines Freundes bei uns sein. Er schenkt uns Anwesenheit. Seine Anwesenheit. Seine Gegenwart. Hier im eucharistischen Brot, in seinem Wort, in der Gemeinschaft der Glaubenden, in der Kirche, in unseren Nächsten.
„Fronleichnam“ ist ja eine Wortzusammensetzung aus den mittelhochdt. Wörtern: „licham“ und „vron“; wörtlich also: „Leib des Herrn“. Unser Bischof hat am Donnerstag auf dem Bebelplatz so schön gesagt: „Fronleichnam sind wir.“ Wir sind Fronleichnam, Leib des Herrn. Wir haben – als Gemeinschaft – Gemeinschaft an ihm, am Herrn, an seinem Leib. Denn er möchte das Leben teilen. Er möchte stärken. Er möchte dir und mir etwas bedeuten.
Wenn wir also Eucharistie feiern, feiern wir diese geheimnisvolle Gegenwart des Herrn Jesus mit der Gemeinde, mit uns. Wir feiern Gemeinschaft mit ihm. Wir feiern seine Gegenwart. Wir feiern, dass er uns Anteil gibt am Leben. Die Jünger bekamen damals den Auftrag: Gebt ihr ihnen zu essen! Das ist auch unser Auftrag heute. Nicht mehr als Sättigungsmahl, aber diese Gemeinschaft im Mahl anderen weiterzugeben. Dazu einzuladen!
Jesus weist niemanden ab. NIEMANDEN! Er lädt ein, und er will Leben schenken.
Das führt uns zum 2. Teil des heutigen Evangeliums, dem Christusbekenntnis des Petrus. Was glaubt ihr, „für wen halten mich die Leute?“, fragt Jesus die Jünger. Und die Antworten sind bekannt. Auch heute kämen auf so eine Frage wahrscheinlich die unterschiedlichsten Antworten: Ein Wanderprediger, der eine jüdische Splittergruppe anführte; ein Rabbi, der Kluges über Gott zu sagen wusste; ein guter Mensch, der uns gezeigt hat, wie wir leben sollen.
Aber Jesus fragte die Jünger und damit uns: „Ihr aber, für wen haltet ihr mich?“ Und Petrus bekennt: „Du bist der Christus Gottes“. Für uns bist du der Messias, der Gesalbte, der, der kommen soll, um uns zu retten. In allen synoptischen Evangelien kommt dieses Bekenntnis vor, das Petrus stellvertretend für die Jünger ablegt. Er bekennt ihren gemeinsamen Glauben an Jesus als den -Christus.
Mit dem Bekennen ist das so eine Sache. Denn man kann ja nicht „bekennen“, dass der Satz des Pythagoras richtig ist oder dass Cäsar gestorben ist oder dass Napoleon gelebt hat. Das alles ist selbstverständlich und nachweisbar und evident. Bekennen kann man nur, was nicht selbstverständlich und evident ist. Etwas, das man auch in Frage stellen kann. Bekennen kann ich auch nicht etwas, was ich zwar mit allen wissenschaftlichen Mit-teln feststellen, erkennen und zur Kenntnis nehmen kann, was aber so geartet ist, dass es mich nichts angeht, dass ich davon nicht betroffen, bewegt, engagiert und zur Entschei-dung herausgefordert bin. Bekennen kann ich nur, was auch bestritten, geleugnet werden kann, was sich Überzeugung verschaffen muss. Was für mein Leben Bedeutung hat, und zwar große Bedeutung. Bekennen kann ich nur, worauf ich mein Dasein zu gründen vermag, worauf ich zu leben und zu sterben vermag. Bekennen hängt innerlich, ja wesensnotwendig mit Glauben zusammen. Denn da wird’s ganz persönlich! Ein Bekenntnis ist niemals losgelöst von meiner ganz eigenen Person. Immer muss ich sagen: Ich bekenne. Oder als Gemeinschaft eben: Wir bekennen. Ich glaube oder wir glauben. Es ist immer eine ganz persönliche Entscheidung, ob ich es sage oder nicht. Wenn ich etwas sage, ohne dass ich selbst im Spiel bin, ist es kein Bekenntnis. Und so eben auch hier: Petrus und die Jünger und wir sagen: Für uns bist du der Christus Gottes. Der, an den wir glauben, auf den wir unser Leben bauen, der Retter und Erlöser aller Menschen. So, wie wir es gleich wieder im Glaubensbekenntnis sprechen.
Wir glauben eben nicht an ein System von Ideen und Geboten oder an eine Weltanschauung, auch nicht an ein Buch. Ich glaube nicht nur ganz persönlich, sondern ich glaube auch an eine Person, eben an diesen Jesus aus Nazareth, den wir als den Christus bekennen: wahrer Mensch und wahrer Gott.
Im Jahr 325 eben, also vor genau 1700 Jahren, wurde dieses Bekenntnis zu Jesus als dem Christus, der Herr ist und lebendig macht, und zu Gott, dem Vater und Schöpfer von allem, was ist, allem Sichtbaren und Unsichtbaren, zum ersten Mal für alle Christen als Glaubensbekenntnis durch das erste ökumenische Konzil von Nizäa verbindlich formuliert und aufgeschrieben. Dieses Jubiläum begehen wir genau in diesen Tagen. Der dritte Abschnitt im Glau-bensbekenntnis (über den Heiligen Geist) kam dann erst einige Jahre später im Konzil von Konstantinopel 381 hinzu. Christus ist der, zu dem wir uns bekennen; an den wir glauben. Er ist unsere Hoffnung und das Ziel unseres Lebens.
Lassen Sie uns deshalb nun – wie Petrus – diesen Glauben bekennen, indem wir das Bekenntnis von Nizäa und Konstantinopel sprechen, das wir das große Glaubensbekenntnis nennen!
(Predigt in der Wort-Gottes-Feier zum (nachgeholten) Fronleichnamsfest am 21.6.2025 in St. Hildegard, Berlin-Frohnau)
Bild: privat
Vgl. zum Ganzen:
https://www.uni-regensburg.de/assets/philosophie-kunst-geschichte-gesellschaft/evangelische-theologie/pdfs/hs_glaubensbekenntnis.pdf