Man kann nicht „bekennen“, dass 2 plus 2 vier ist oder dass der Satz des Pythagoras stimmt oder dass Cäsar gestorben ist. Aber ich kann bekennen, dass Jesus Christus für uns gestorben ist. Bekennen kann ich nur, was nicht selbstverständlich. Etwas, das man auch in Frage stellen kann.
Bekennen kann ich auch nicht etwas, was ich mit wissenschaftlichen Mitteln feststellen kann, was aber mich als Person eigentlich gar nicht betrifft, wo ich nicht bewegt, engagiert und zur Entscheidung herausgefordert bin.
Bekennen kann ich nur, was auch bestritten, geleugnet werden kann, was sich Überzeugung verschaffen muss; was für mein Leben Bedeutung hat, und zwar große Bedeutung. Bekennen kann ich nur, worauf ich mein Dasein zu gründen vermag, worauf ich zu leben und zu sterben vermag. Bekennen hängt deshalb immer (wesensnotwendig) mit Glauben zusammen. Denn da wird’s ganz persönlich!
Ein Bekenntnis ist niemals losgelöst von meiner ganz eigenen Person. Immer muss ich sagen: Ich bekenne, oder als Gemeinschaft eben: Wir bekennen. Denn ich kann nicht nur für mich alleine glauben und bekennen. Niemand kann das. Wir Menschen brauchen Gemeinschaft. Wir brauchen die anderen, die mir den ihren Glauben zusprechen.
Natürlich ist es dann immer eine ganz persönliche Entscheidung, ob ich diesen Glauben für mich annehmen kann. Wenn ich etwas sage, ohne dass ich selbst im Spiel bin, ist es kein Bekenntnis.
Und so eben auch hier, wo Petrus – stellvertretend für die Jünger – bekennt: Für uns bist du der Christus Gottes. Der, an den wir glauben, auf den wir unser Leben bauen, der Retter und Erlöser aller Menschen.
Wir Christen glauben eben nicht an ein System von Ideen und Geboten oder an eine Weltanschauung, auch nicht an ein Buch. Unser Glaube ist persönlich. Wir glauben an eine Person, eben an diesen Jesus aus Nazareth, den wir als den Christus bekennen: wahrer Mensch und wahrer Gott. Und im Jahr 325, also vor genau 1700 Jahren, wurde dieses Bekenntnis zu Jesus als dem Christus, der Herr ist und lebendig macht, und zu Gott, dem Vater und Schöpfer von allem, was ist, dem Sichtbaren und dem Unsichtbaren, da wurde dieses Bekenntnis zum ersten Mal für alle Christen als Glaubensbekenntnis verbindlich formuliert und aufgeschrieben durch das erste ökumenische Konzil von Nizäa. Dieses Jubiläum begehen wir genau in diesen Tagen.
Christus ist der, zu dem wir uns bekennen; an den wir glauben, auf den wir unser Leben bauen können. Er ist unsere Hoffnung und das Ziel unseres Lebens.
Petrus und Paulus haben mit ihrem Leben für diesen Glauben bezahlt. Deshalb heute auch die Farbe Rot in der Liturgie. Anders als sonst üblich, wird das Hochfest der Apostel Petrus und Paulus übrigens nicht am Todestag der Heiligen gefeiert, sondern an dem Tag, an dem der Überlieferung nach die Reliquien der Beiden in die Kirche S. Sebastiano an der Via Appia in Rom übertragen wurden, am 29. Juni 258. Im vierten Jhd. wird das Fest erstmals im römischen Kalender genannt.
Petrus aus Betsaida am See Gennesaret, der ursprünglich Simon heißt, Bruder des Andreas, er bekommt von Jesus den Beinamen Petrus, also der Fels. Wir haben es eben gehört. Dieser einfache Fischer, der wahrscheinlich nicht mal Lesen und Schreiben kann, auf ihn, sagt Jesus, wird er seine Kirche bauen. Damals noch Zukunft: „werde ich bauen“. Heute (nach fast 2000 Jahren) sehen wir: Er hat sie gebaut.
Ungeheuer beeindruckend, wenn Sie in Rom im Petersdom unter der Kuppel stehen und oben in riesigen Buchstaben sehen: „Tu es Petrus, et super hanc petram aedificabo eccelsiam meam“. (Du bist Petrus, der Fels, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen.)
Wir glauben, dass die Kirche so auf den Glauben der Apostel gebaut ist. Aber eigentlich ist das immer noch Zukunft. Wir glauben ja nicht an alte Steine, an ein Museum, so wie es 2000 Jahre lang halt war. Und früher war alles besser. Wir glauben und bekennen, dass Christus auch heute und in Zukunft in dieser Welt mit seinem Geist wirksam werden will. Allen Menschen sein Evangelium, seine frohe Botschaft vom Reich der Freiheit bringen will, dass Gott uns aus der Macht der Angst um uns selbst befreien will. Alle Menschen!
Deshalb ist Paulus hinausgegangen, hinaus zu „den Heiden“, den Völkern, über den Kreis der Juden hinaus, zu allen Menschen auf dem ganzen Erdkreis.
„Petrus und Paulus sind die ersten Führungskräfte der Kirche. Sie bezahlen dafür mit ihrem Leben. Sie stehen für zwei Bewegungen in der jungen Kirche, möglichst offen sein und viele Menschen mitnehmen und dabei gleichzeitig den ganzen Laden zusammenhalten. Dabei entsteht eine Spannung, da kann es auch mal knallen zwischendurch, denn die Dinge sind nicht alle in Stein gemeißelt. Bloß, weil jemand felsenfest davon überzeugt ist. Wenn Glaube lebendig sein soll, muss nämlich auch menschliches Suchen und Ringen möglich sein. Ja, ich kann gar nicht wollen, dass immer alle nur Ja und Amen sagen, denn die Kirche sucht am Ende nicht nach Harmonie, sondern nach Wahrheit und Heil, nur eben miteinander und nicht gegeneinander.“ (Zum Zitat vgl. https://youtu.be/49f40WtezBg?feature=shared)
Der Dienst des Petrus ist auch heute der Dienst an der Einheit, Denn „Katholisch“ heißen wir nicht, um uns abzugrenzen von anderen. Katholisch heißen wir, weil wir als Kirche alle (auf der ganzen Erde) umfassen, alle, die dieses Bekenntnis zu Christus, dem Sohn des lebendigen Gottes, ablegen können und wollen. Deshalb gilt auch der Dienst des Paulus heute noch: Nicht engstirnig zu sein, nur auf meinen eigenen kleinen Flecken zu schauen, nur auf mich, ob es mir gut geht, sondern diese Botschaft, dass Jesus für alle da ist, in die ganze Welt hinauszutragen, und damit offen zu sein für Neues.
Ich bete:
Herr, Jesus Christus,
lass uns Kirche werden, die auf Petrus und auf Paulus hört:
Kirche, die treu ist und das Überlieferte wahrt und mutig ist, neue Formen zu suchen, neue Worte, neues Leben aus dem Evangelium um der Menschen willen, die deine frohe Botschaft brauchen.
Kirche, die Veränderung nicht als Bedrohung sieht, sondern als Chance, dein Evangelium neu zu leben.
Lass uns Kirche werden, in der das Miteinander-Reden mehr gilt als das Übereinander-Urteilen;
Kirche, die auf Geduld baut, auf Vertrauen, auf Liebe und Barmherzigkeit – und auf deinen Beistand alle Zeit. Amen.
(Predigt zum Hochfest der Apostel Petrus und Paulus am 29.6.2025 in St. Nikolaus, Berlin-Wittenau)
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